21.06.2011

Abgabenänderungsgesetz 2011 - die wichtigsten Steueränderungen vor dem Sommer

 
       
       
Die Bundesregierung hat im Mai 2011 bei ihrer Klausur am Semmering die Regierungsvorlage (RV) des Abgabenänderungsgesetzes 2011 (AbgÄG 2011) beschlossen. Die Beschlussfassung im Nationalrat ist noch vor der Sommerpause vorgesehen. Nachfolgend die für die Praxis wichtigsten Änderungen (die endgültige Beschlussfassung bleibt abzuwarten):
Steuerbegünstigung für Auslandsmontagen

Die bisherige Lohnsteuerbefreiung für Auslandsmontagen wurde bekanntlich vom Verfassungsgerichtshof im Jahr 2010 aufgehoben. Die mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 (BBG 2011) mit Wirkung ab 1.1.2011 geschaffene befristete Übergangsregelung (bisherige Steuerbefreiung gilt für 2011 noch für 66% und für 2012 noch für 33% der Bezüge) soll nunmehr ab 1.1.2012 durch eine unions- und verfassungsrechtskonforme Dauerregelung abgelöst werden. Danach sollen ab 2012 60% der laufenden monatlichen Bezüge von vorübergehend ins Ausland entsendeten Mitarbeitern, maximal aber bis zur Höhe der jeweils geltenden ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (für das Jahr 2011, für das die Neuregelung allerdings noch nicht gilt, wäre das eine Maximalbetrag von 4.200 EUR pro Monat) steuerfrei sein, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
  • Die Entsendung erfolgt von einem Betrieb (Betriebsstätte) eines in der EU, im EWR oder in der Schweiz ansässigen Arbeitgebers, oder von einer in der EU, im EWR oder in der Schweiz gelegenen Betriebsstätte eines in einem Drittstaat ansässigen Arbeitgebers.
  • Die Entsendung erfolgt an einen Einsatzort, der mehr als 400 Kilometer Luftlinie vom nächstgelegenen Punkt des österreichischen Staatsgebietes entfernt liegt.
  • Die Entsendung erfolgt nicht in eine ausländische Betriebsstätte des Arbeitgebers bzw. Beschäftigers.
  • Die Tätigkeit des entsendeten Arbeitnehmers im Ausland ist – ungeachtet ihrer vorübergehenden Ausübung – ihrer Natur nach nicht auf Dauer angelegt. Tätigkeiten, die ihrer Natur nach regelmäßig ohne zeitliche Befristung erbracht werden (z.B. die Tätigkeit eines Geschäftsführers oder eine Sekretärin), sind auch dann auf Dauer angelegt, wenn sie im konkreten Fall befristet ausgeübt werden oder mit der Erbringung einer Leistung abgeschlossen sind.
  • Die Entsendung erfolgt ununterbrochen für einen Zeitraum von mindestens einem Monat.
  • Die ausländischen Tätigkeiten sind nur begünstigt, wenn sie unter erschwerenden Umständen geleistet werden. Dies ist dann der Fall, wenn die Arbeiten z.B. mit erheblichen Verschmutzungen oder mit erschwerten Arbeitsbedingungen verbunden sind oder infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen oder in einem Land erfolgen, in dem die Aufenthaltsbedingungen im Vergleich zum Inland eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder in einer Region erfolgen, für die nachweislich zum Beginn der Tätigkeit oder während eines gesamten Kalendermonats der Tätigkeit eine erhöhte Sicherheitsgefährdung vorliegt (insbesondere Kriegs- oder Terrorgefahr).
  • Die Steuerfreiheit steht nicht zu, wenn der Arbeitgeber Zulagen und Zuschläge gemäß § 68 EStG steuerfrei behandelt oder die Kosten für mehr als eine Familienheimfahrt im Kalendermonat trägt oder wenn der Arbeitnehmer selbst die mit der Auslandstätigkeit verbundenen Werbungskosten (inkl Werbungskosten für Familienheimfahrten und für doppelte Haushaltsführung) geltend machen will.


Der bisherige Progressionsvorbehalt für die begünstigten Auslandseinkünfte soll entfallen. Auf Grund der Neuregelung sollen auch das FLAG und das Kommunalsteuergesetz angepasst und ab 2012 maximal 60% der laufenden Bezüge für Auslandsmontagen vom Dienstgeberbeitrag zum FLAG und von der Kommunalsteuer befreit werden.

Ausweitung der Spendenbegünstigung

Die bereits ab 2009 auf mildtätige Organisationen und auf Entwicklungszusammenarbeit ausgeweitete Spendenbegünstigung (Absetzbarkeit von Spenden im Ausmaß von bis zu 10% des Vorjahresgewinnes bzw. –einkommens) soll ab 2012 nochmals erweitert werden, und zwar um Organisationen, die sich dem Umwelt-, Natur- und Artenschutz widmen, um Tierheime sowie freiwillige Feuerwehren und Landesfeuerwehrverbände. Die Bestimmungen für die Aufnahme in die Liste begünstigter Spendenempfänger sollen vereinheitlicht werden. Die Höchstgrenze von 10% des Vorjahresgewinnes bzw. –einkommens soll einheitlich für alle begünstigten Spenden gelten. Die elektronische Übermittlung der Spenderdaten (Spendenbetrag und SV-Nummer) als Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit der Spenden soll ersatzlos entfallen; für den Nachweis der Spenden werden daher weiterhin Überweisungsbelege oder Bestätigungen der Spendenorganisationen genügen.

Verschiebung Wertpapier-KESt neu um 6 Monate

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat nun bekannt gegeben, dass er die Einführung der Wertpapier-KEst zum 1. Oktober 2011 für verfassungswidrig hält, aber keine Bedenken gegen die neue Steuer an sich hat. In einer Presseinformation wird dazu weiters ausgeführt:

"Der Verfassungsgerichtshof hat sein Verfahren zum Antrag verschiedener Banken gegen die Einführung der Kapitalertragsteuer für Wertpapiere abgeschlossen und folgende Entscheidungen getroffen:

  • Der Termin für die Einführung der Wertpapier-Kest wie im Budgetbegleitgesetz vorgesehen ist verfassungswidrig.
  • Die erforderlichen Maßnahmen können von den Banken nicht bis zum 1. Oktober 2011 getroffen werden. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist eine Verlängerung der Frist zur Einführung notwendig.
  • Die übrigen Bedenken der Banken in Zusammenhang mit der Wertpapier-Kest werden vom Verfassungsgerichtshof nicht geteilt. Die Besteuerung von Kursgewinnen ist ebenso zulässig wie die Heranziehung der Banken für die Einhebung dieser Steuer. Auch macht der Umstand, dass den Banken dadurch Kosten durch die Einhebung der Steuer entstehen, die Wertpapier-Kest selbst nicht verfassungswidrig.
  • Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. September 2011 in Kraft."


Das Abgabenänderungsgesetz 2011 sieht bereits eine Verschiebung des Inkrafttretenstermines um sechs Monate auf den 1.4.2012 vor.

Nach Beschlussfassung des AbgÄG 2011 im Parlament werden wir Sie in der nächsten Klienten-Info über die neuen Inkrafttretensbestimmungen im Detail informieren.

Sonstige Änderungen bei der Einkommensteuer

  • Es soll klargestellt werden, dass Kapitalerträge, die mit dem besonderen Steuersatz von 25% besteuert werden, nicht in die Bemessungsgrundlage für den 13%igen Gewinnfreibetrag einbezogen werden können.
  • Nachzahlungen, über die bescheidmäßig abgesprochen wird, und Zahlungen aus öffentlichen Mitteln sollen – unabhängig vom Zahlungsfluss – steuerlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfasst werden.
  • Es soll "klargestellt" werden, dass Strafen und Geldbußen, Abgabenerhöhungen nach dem Finanzstrafgesetz (z.B. der neue Verkürzungszuschlag) und Leistungen anlässlich einer Diversion steuerlich nicht abzugsfähig sind. Damit entfällt auch die bisher akzeptierte steuerliche Absetzbarkeit von (meist kleineren) Geldstrafen, wenn das Fehlverhalten in den Rahmen der normalen Betriebsführung fällt und die Bestrafung vom Verschulden unabhängig ist oder nur geringes Verschulden voraussetzt (z.B. Organstrafmandate, Strafe wegen Bauführung vor Baubewilligung).
  • Bei Arbeitnehmern, die dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz unterliegen, sollen im Sinne einer Gleichbehandlung neben dem Urlaubsentgelt ausbezahlte weitere sonstige Bezüge in Höhe eines Zwölftels der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge, mit dem festen Steuersatz von 6% besteuert werden können.


Änderungen bei der Körperschaftsteuer

  • In Umsetzung der Judikatur des EuGH soll das bestehende System der Beteiligungsertragsbefreiung (§ 10 Abs 1 KStG) räumlich vom EU/EWR-Raum auf Drittstaaten ausgedehnt werden. Dabei wird auf das Erfordernis einer umfassenden Vollstreckungshilfe verzichtet, allerdings sollen die nunmehr steuerfreien Gewinnausschüttungen aus Beteiligungen in Drittstaaten dem Methodenwechsel nach § 10 Abs 5 KStG (Wechsel von Befreiungs- zur Anrechnungsmethode, wenn die Gewinne der ausländischen Gesellschaft im Ausland nicht oder nur niedrig besteuert werden) unterliegen. Weiters soll ein Anrechnungsvortrag für die anzurechnende ausländische Körperschaftsteuer vorgesehen werden.
  • Die mit dem BBG 2011 auf realisierte Wertsteigerungen aus Kapitalvermögen und Einkünfte aus Derivaten ausgeweitete beschränkte Körperschaftsteuerpflicht der zweiten Art (betrifft vor allem Körperschaften öffentlichen Rechts und gemeinnützige Körperschaften) soll in Bezug auf Anteile an Körperschaften (z.B. Aktien, GmbH-Anteile) konsequenterweise nicht mehr auf das Vorliegen eines Steuerabzuges abstellen. Dies bedeutet, dass die betroffenen Körperschaften (z.B. Gemeinden, Kammern, Kirchen, gemeinnützige Organisationen) mit den realisierten Wertsteigerungen aller ab 1.9.2011 erworbenen GmbH-Anteile und Aktien (unabhängig davon, ob sie bei einer Bank im Depot liegen oder nicht) der 25%igen Körperschaftsteuer unterliegen.


Änderungen bei der Umsatzsteuer

  • Die Fälle des Übergangs der Steuerschuld bei ausländischen Leistungserbringern sollen eingeschränkt werden, und zwar hinsichtlich der sonstigen Leistungen betreffend die Eintrittsberechtigungen zu Veranstaltungen, wie Messen, Konferenzen, Seminare usw.
  • Weiters soll ab 1.1.2012 zur Vermeidung von Umsatzsteuerbetrug für die Lieferung von Mobilfunkgeräten (insbesondere Handys) und integrierten Schaltkreisen ab einem Rechnungsbetrag von 5.000 EUR generell (somit auch für inländische Lieferer) der Übergang der Steuerschuld (Reverse Charge) eingeführt werden.
  • In Umsetzung der Judikatur des EuGH ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz nur auf Pferde, die zur Schlachtung bestimmt sind, anzuwenden.


Sonstige Änderungen

  • Flugabgabegesetz
    Mit den geplanten Änderungen des Flugabgabegesetzes sollen die Flugzeuge mit einem höchstzulässigen Abfluggewicht bis einschließlich zwei Tonnen von der Abgabepflicht befreit werden. Weiters sollen die mit der Abgabeneinhebung verbundenen Pflichten des Luftfahrzeughalters und des Flugplatzhalters angepasst werden.
  • Versicherungssteuergesetz
    Überweisungen des Deckungserfordernisses ab dem 1.1.2011 sollen von der Versicherungssteuer befreit bleiben, sofern diese auf der Übertragung von direkten Leistungszusagen vor dem 1.1.2011 beruhen.
  • Neugründungs-Förderungsgesetz
    Neu gegründete Betriebe sind im ersten Jahr für die beschäftigten Arbeitnehmer von bestimmten lohnabhängigen Abgaben (Dienstgeberbeitrag etc) befreit. Da jedoch bei diesen Betrieben häufig im ersten Jahr keine Arbeitnehmer beschäftigt werden, soll die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Begünstigung in beschränkten Umfang auf drei Jahre ausgedehnt werden. Der Begünstigungszeitraum soll jedoch wie bisher maximal 12 Monate umfassen.
  • Bundesabgabenordnung
    Wird im Falle der Berufung gegen eine Steuervorschreibung die Steuer zunächst bezahlt, in der Folge aber die Berufung gewonnen, so wird die bezahlte Steuer zwar wieder gutgeschrieben, derzeit allerdings ohne Verzinsung. Dieses einseitige Zinsenrisiko des Steuerpflichtigen soll dadurch beseitigt werden, dass ab 2012 im Falle der positiven Erledigung einer Berufung die bereits bezahlten und durch die Berufung wieder gutgeschriebenen Steuerbeträge verzinst werden (Berufungsverzinsung). Weiters soll, um eine doppelte Berücksichtigung bzw. eine Nichterfassung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zu vermeiden, eine neue Berichtigungsbestimmung geschaffen werden, mit welcher innerhalb der 10-jährigen absoluten Verjährung in diesen Fällen die Rechtsrichtigkeit der Besteuerung hergestellt werden kann.
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